4. Juli 2024

Große Hilfe für kleine Klimaschutzprojekte

Die erfolgreiche Energiewende beginnt bereits vor der eigenen Haustür. Bestes Beispiel dafür sind engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich zu einer Energiegenossenschaft zusammenschließen, um kleinere regionale Ökostromprojekte zu realisieren. Energiegenossenschaften betreiben Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung. Das reicht von Solarstromanlagen und Blockheizkraftwerken bis hin zu Windkraftanlagen. Sie beliefern externe Kundinnen und Kunden mit Strom und Gas oder betreiben sogar das lokale Energienetz. Und davon gibt es schon richtig viele: Rund 220.000 Mitglieder, die sich auf 877 Genossenschaften verteilen und die 2022 mehr als drei Milliarden Euro in Projekte für Erneuerbare Energien investierten, wurden von der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften gezählt.

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Solche von Bürgerinnen und Bürgern ins Leben gerufenen Green-Energy-Vorhaben lassen sich jedoch nicht im Handumdrehen realisieren. Neuakteure in der Energiewende müssen sich zunächst durch gesetzliche Bestimmungen, bürokratische Auflagen, länderspezifische Regelungen und komplexe Wirtschaftlichkeitsberechnungen kämpfen. Für ökonomische Laien eine echte Herausforderung.

Starthilfe für Genossenschaften

Tatkräftige Unterstützung bei der Gründung bekommen junge Genossenschaften von den regionalen Genossenschaftsverbänden. „Hier kümmern sich fachkundige Ansprechpartnerinnen und -partner um die Belange der Gründungsmitglieder“, erklärt Dr. Andreas Wieg, Leiter der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften.

Diese ist ein Teilbereich des übergeordneten Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V. (DGRV), des bundesweiten Dachverbands für Genossenschaften mit Sitz in Berlin (s. letzter Absatz). In der Hauptstadt betreibt der Verband wichtige Lobbyarbeit für Deutschlands Energiegenossenschaften. „Wir sprechen mit Abgeordneten und politischen Entscheidungsträgern, um die Positionen der Energiegenossenschaften zu platzieren, Verbesserungen vorzuschlagen und auf Mängel hinzuweisen“, erklärt Wieg.

Rückendeckung bekommt der Verband unter anderem von Prokon, Deutschlands größter Energiegenossenschaft. Beim letzten Bundeskongress genossenschaftliche Energiewende, dem jährlichen Branchentreff und Hauptevent des DGRV, appellierte Prokon-Vorstand Henning von Stechow an die Politik, den dringend notwendigen Netzausbau zu beschleunigen. Die gemeinsamen Forderungen lauten: „Mehr Tempo durch weniger Bürokratie, bundesweite Regelungen, eine zügige Digitalisierung der Netzanschlüsse sowie mehr Fairness bei den Netzentgelten.“

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Mehr Akzeptanz durch Teilhabe

Ein konkreter Erfolg der Lobbyarbeit des DGRV ist die – innerhalb bestimmter Größengrenzen definierte – Ausnahme für Bürgerenergiegesellschaften von Ausschreibungen bei Windenergieanlagen. Hintergrund: Bürgerenergiegesellschaften haben in der Regel nur ein Projekt in der Planung. Das finanzielle Risiko, keinen Zuschlag in einer Ausschreibung zu erhalten, ist bei ihnen besonders hoch, zumal sie das Ausfallrisiko nicht aufteilen können. Vor diesem Hintergrund ist – u. a. auf Anraten des DGRV – das Förderprogramm „Bürgerenergiegesellschaften bei Windenergie an Land“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz erlassen worden. Das Programm soll angefallene Projektentwicklungskosten nach erfolgloser Bewerbung auffangen.

Zuletzt hat sich die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften für mehr Bürgerbeteiligung starkgemacht und mit dem Bündnis Bürgerenergie einen gemeinsamen Gesetzesentwurf erstellt. Das Ziel: Künftig sollen Bürgerinnen und Anwohner die Möglichkeit haben, sich an örtlichen Windenergieprojekten und Solaranlagen finanziell zu beteiligen. Wird ihnen diese Möglichkeit nicht gewährt, muss der Betreiber eine Ausgleichszahlung leisten. „Die Erfahrung zeigt: Je stärker die Bürger aktiv in lokale Ökostrom-Projekte involviert sind, desto größer ist auch die Akzeptanz solcher Projekte“, erklärt Wieg.

Schließlich bilden regionale Erneuerbare-Energien-Projekte, an denen mehrere Stakeholder beteiligt sind, immer auch eine (mehrfache) Win-win-Situation, so Wieg: „Die Volksbank finanziert das Vorhaben, örtliche Handwerksbetriebe bekommen Aufträge, und die finanziell involvierten Bürger profitieren von einer grünen Rendite.“

Was ist der DGRV?

Der DGRV (Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V.) ist der wichtigste Dachverband der deutschen Genossenschaftsorganisation. Hier sind unter anderem die Volksbanken und Raiffeisenbanken, genossenschaftliche Bausparkassen (z. B. Schwäbisch Hall) und kaufmännische Genossenschaften (darunter EDEKA, REWE) organisiert. Der Verband setzt sich gegenüber der Politik und den Behörden für genossenschaftliche Rahmenbedingungen ein. Ferner führt der DGRV bzw. seine Regionalverbände die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen von neu gegründeten

Genossenschaften durch und berät seine Mitglieder in rechtlichen, steuerrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen (z. B. Jahresabschluss). Der DGRV vereint derzeit 5114 Genossenschaften mit 19,3 Millionen Mitgliedern. Als Fachbereich des DGRV kümmert sich die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften speziell um die Anliegen von Genossenschaften, die Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung betreiben. Dazu zählt auch Prokon. Als Deutschlands größte Energiegenossenschaft ist die Prokon eG eine der stärksten Stimmen des Verbands.